Sonntag, 28. Februar 2016

OMV: Treue Diener, teure Berater



Erprobte Mitarbeiter sind OMV-Chef Seele viel wert, ein Rückhalt von der SPÖ sogar teuer. „Die Presse“ beleuchtet Konsulentenverträge und aktuelle Personalrochaden.

Wien. Ob aus Neid oder aus Vernunft: In der OMV ist manch einer sauer. Da heißt es seit geraumer Zeit sparen, ohne Aussicht auf baldige Besserung. Und gleichzeitig erhält ein einzelner Berater einen Vertrag über 420.000 Euro exklusive Spesen für politisches Lobbying, wie „Die Presse“ aus dem Umfeld der Konzernführung in Erfahrung gebracht hat. Konkret geht es um den Konsulentenvertrag für Kurt Eder, jenen Mann, der 53 Jahre in der OMV gedient hat und zwischenzeitlich in seiner Parallelfunktion als SPÖ-Nationalratsabgeordneter gegen die Offenlegung der Nebeneinkünfte von Parlamentariern war, ehe er Anfang 2016 in Pension ging.
Beginnend mit Februar erhielt er nun neben seiner Pension den zweijährigen Beratervertrag mit der OMV, wie er im Gespräch bestätigt – wobei er klarstellt, dass es sich nur um einen Rahmenvertrag mit einer Betragsobergrenze handle und auf Basis gearbeiteter Stunden abgerechnet werde. Arbeitsausmaß: 2,5 bis drei Tage die Woche.
Die OMV kommentiert die Angelegenheit auf Anfrage nicht, denn „generell handelt es sich bei Vereinbarungen von einzelnen Mitarbeitern mit ihren Arbeitgebern um strikte Privatangelegenheiten“, so ein Sprecher des Konzerns.

SPÖ sieht Russen-Deals mit Skepsis

Seele ist der teure Griff in die Tasche viel wert, weil Eder eigenen Worten zufolge „den Vorstand über die politische Lage informieren kann und sich gut in den politischen Reihen auskennt“. Wohlgemerkt über die Parteigrenzen hinweg: „Ich rede nicht nur mit der SPÖ, ich rede auch mit ÖVPlern und Freiheitlichen.“
Wichtig ist für Seele aber eigentlich nur die Pflege der Beziehung mit der SPÖ. Denn im Unterschied zur ÖVP ist sie hinsichtlich der OMV-Kooperationsvorhaben mit der russischen Gazprom (Asset-Swap und Teilnahme am Ausbau der Ostsee-Pipeline Nord Stream) gespalten und tendenziell skeptisch, was einzelne Vertreter in den vergangenen Monaten auch lautstark kundgetan haben. Diese Vorhaben der SPÖ nahezubringen ist denn auch die Aufgabe Eders.
Dabei gebe es noch gar nichts, wovon er seine ehemaligen Parteikollegen überzeugen könnte, bekennt Eder: „Noch bestehen ja nur Absichtserklärungen. Alles ist mitten im Fluss. Wenn ich einmal die Sachverhalte und die gesamte Rechnung zu Gesicht bekomme, werde ich der SPÖ sagen können, ob es Sinn ergibt oder nicht.“

Personalchef geht

Nicht mehr als sinnvoll erachtet man in der OMV unterdessen dem Vernehmen nach eine weitere Zusammenarbeit mit dem langgedienten Personalchef Georg Horacek. Eine einvernehmliche Trennung nach über 15 Jahren stehe unmittelbar bevor. Obwohl der eigentliche Grund des Zerwürfnisses Ungereimtheiten sein sollen, auf die man im Zuge einer Revision gestoßen sei, wie „Die Presse“ aus OMV-Kreisen erfahren hat. Auch dazu gibt es von der OMV keinen Kommentar.
Nach acht Monaten im Amt hat Seele damit eine Reihe personeller Rochaden hinter sich. Die bedeutendste wurde vor knapp einem Monat vollzogen, als mit Reinhard Florey nach langem Gezerre ein neuer Finanzvorstand als Ersatz für den scheidenden David Davies gefunden wurde. Dem langgedienten Davies wird die Zeit bis zum eigentlichen Ende seines Vertrages im März 2017 mit einem Beratervertrag überbrückt.
Am Freitag hat der teilstaatliche Energiekonzern außerdem bekannt gegeben, die Leitung von Investor Relations neu zu besetzen. Als Senior Vice President kommt Magdalena Moll ab Juni zum Zug. Sie löst Felix Rüsch ab, der sich laut Aussendung „innerhalb der OMV neuen Aufgaben widmen wird und den Bereich Strategie übernimmt“.
Mit Moll ist es Seele nun auch gelungen, eine Schlüsselfigur und erprobte Managerin aus seinem früheren Konzern BASF in Deutschland nachzuholen. Moll hat im deutschen Chemiekonzern, zu dem auch das zuvor von Seele geführte Gasunternehmen Wintershall gehört, seit 2003 als Senior Vice President die Abteilung Investor Relations geleitet. Mit dem Versuch einer Abwerbung seines Ex-Vorstandskollegen Ties Tiessen von Wintershall ist Seele zuvor bei BASF gescheitert.


Freitag, 26. Februar 2016

Nächste Bauphase für KH Nord


Die Projewurde ausgetauscht – neue Verantwortliche für Übersiedlungsvorbereitung.

Wien. (iw/apa) Die Semmelweis-Klinik, das Orthopädische Krankenhaus Gersthof, das Floridsdorfer Krankenhaus - drei komplette Spitäler und diverse andere Abteilungen von Spitälern müssen ins neue Krankenhaus Nord umgesiedelt werden, das im Jahr 2018 eröffnet werden soll.
Der Krankenanstaltenverbund (KAV) hat sich nun entschlossen, die Projektleitung auszutauschen. Statt der bisherigen Arge Projektsteuerung wird ab April das Büro Moser Architects die Projektsteuerung übernehmen. Es wird damit die nächste Bauphase für das KH Nord einleiten: die Vorbereitung für die Übersiedelung und die Installation der Bauteile im neuen Spital. Dafür brauche es die beste Projektleitung, sagt eine Sprecherin des KAV zur "Wiener Zeitung".
An die 900 Arbeiter sind derzeit am Krankenhaus Nord-Gelände dabei, die rund 8000 Räume zu errichten. Im Inneren des Spitals sind die Zwischenwände aufgezogen, die Aufzüge und Rolltreppen in Betrieb genommen, es wird eifrig am Innenausbau gearbeitet. Die Möbel sind zum überwiegenden Teil ausgewählt, erste Räume sind kurz vor der Fertigstellung.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei der Installation der Haustechnik, das heißt Heizung, Klimaanlage, Lüftung und Sanitär. Auch der Krankenhaus-Vorplatz, die so genannte Piazza, ist in der letzten Fertigstellungsphase, im Freibereich wurde bereits mit den ersten Bepflanzungen begonnen.
Opposition glaubt nicht an Eröffnung im Jahr 2018
Im vergangenen Jahr versuchte der KAV, das Krankenhaus Nord-Projekt nach Fehlplanungen eines Statikunternehmens sowie dem Konkurs einer Fassadenfirma in ruhige Bahnen zu lenken. Ein im Frühjahr eingeleiteter Clearingprozess habe zu einem mit allen Beteiligten akkordierten Terminplan geführt, heißt es. "Während der Bau selbst in soliden Bahnen verläuft, steht bereits die nächste Phase der Betriebsvorbereitung, Inbetriebnahme und Übersiedlung an. Für diese nächste Phase sind die international tätigen und renommierten Moser Architects genau die richtigen Partner in Sachen Projektsteuerung", erklärt KAV-Generaldirektor-Stellvertreter Thomas Balázs den Schritt. Die Arbeit mit der bisherigen Arge Projektsteuerung wurde beendet. Es erfolge eine geordnete Übergabe der Agenden, versicherte der KAV. Der Baufortschritt gehe weiter wie geplant. Nicht zuletzt deshalb, weil Moser Architects bereits seit Mitte 2014 als Verstärkung der Bauherrenfunktion mit an Bord ist.
Die Architekten legten ihren Schwerpunkt in Gesundheitsmedizin. Aktuelle Projekte in Österreich sind beispielsweise die Generalplanung in Arbeitsgemeinschaft für die Projekte Landeskrankenhaus Thermenregion Baden mit 443 Betten und das Landeskrankenhaus Thermenregion Mödling mit 376 Betten. Zu den internationalen Projekten zählen das im Bau befindliche Krankenhaus Barakat in Teheran (Iran) mit 630 Betten und die Generalplanung des allgemeinen Krankenhauses QOM (Iran) mit 1000 Betten.
FPÖ und ÖVP schäumen. "Dass solche Änderungen natürlich selten - und in Wien genau nie - mit höheren Kosten verbunden sind, ist amtlich", meinte FPÖ-Stadtrat David Lasar ironisch. Es wäre für die FPÖ "dringend erforderlich", dass sich die Zuständigen der Stadt zu einer Erklärung durchringen könnten. "Die Kostenspirale wird sich weiter drehen Richtung 1,5 Milliarden Euro und auch die Eröffnung im Jahr 2018 kann sich die Stadtregierung vermutlich abschminken. Daran ändert auch die neue Firma nichts, die nun die Projektsteuerung übernehmen soll", erklärt die Gesundheitssprecherin der ÖVP Wien Ingrid Korosec.


Freitag, 19. Februar 2016

Das schmutzige Geheimnis der Abschaffung des Fünfhunderters

Mit der 500-Euro-Banknote wird zwar nicht die Kriminalität verschwinden, aber die Enteignung der Sparer noch wirkungsvoller werden.
Christian Ortner (Die Presse)
Es war ein bemerkenswerter und aufschlussreicher Moment, als Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) im herbstlichen Wiener Wahlkampf vor laufender Kamera einer privaten Fernsehstation in die Tasche seines Sakkos griff, um etwas Geld herauszunehmen, aber irrtümlich plötzlich ein weißes, mit Banknoten – darunter auch in der Denomination 500 Euro – gefülltes Kuvert in der Hand hatte. Was man als sozialdemokratischer Spitzenpolitiker halt so bei sich hat. Eine anmutige Demonstration satten Wohlstandes. Und eine für das Milieu des Bürgermeisters überraschende Affinität zum Baren, die in dieser Form wohl bald nicht mehr möglich sein wird.
Denn die Europäische Zentralbank (EZB) wird wohl demnächst die violetten 500-Euro-Banknoten aus dem Verkehr ziehen, weniger aus eigenem Antrieb der angeblich so unabhängigen Notenbank (sonst hätte sie diesen Schein ja nicht eingeführt), sondern eher auf Druck der Regierungen der Eurozone.
Den meisten Österreicherinnen und Österreichern, die nicht zufällig grad Wiener Bürgermeister sind, wird das vermutlich völlig egal sein. Die Bezieher durchschnittlicher Einkommen sind ja eher selten in der Verlegenheit, mit dem violetten Schein zu zahlen. Denen wird nach dem Ende des 500ers auch nichts abgehen.
Ziemlich bedenklich ist die Abschaffung dieser Banknote trotzdem. Denn die Behauptung der europäischen Regierungen, es ginge um die Bekämpfung der Kriminalität und des Terrors, ist offensichtlich nur ein ziemlich durchsichtiges Täuschungsmanöver, um die tatsächlichen Gründe für diesen Schritt zu vernebeln.
Wie wenig der gegen Geldwäsche, Steuerhinterziehung und andere Delikte hilft, könnten die Verantwortlichen der EZB mittels einer kurzen Studienreise in die USA ganz leicht feststellen. Dort wird seit Jahrzehnten der 100-Dollar-Schein als größte Banknote ausgegeben, was bekanntlich nicht wirklich zu einem Verschwinden jener Kriminalität geführt hat, um die es angeblich geht. (Ganz abgesehen davon, dass sich Gauner nach dem Ende des 500ers ja jederzeit des eleganten schweizerischen 1000-Franken-Scheins bedienen können, der mehr als 900 Euro wert ist – und von dem weltweit mehr als 30 Millionen Exemplare im Umlauf sind.)
Warum dann das Ganze, wenn die Kriminalität damit ganz offenkundig nicht bekämpft werden kann? Dass sich ein biederer Gebrauchtwagenkäufer künftig halt ein Bündel der gelben 200er von der Bank holen muss, ist ja noch nicht eben ein zivilisatorischer Fortschritt.
Zu befürchten ist eher, und das geht auch all jene Österreicher an, die meinen, von dieser Causa nicht betroffen zu sein: Für die EZB ist das Verbot der großen Scheine ein Hilfsmittel, um die Enteignung aller Geldhalter mittels Negativzinsen noch effizienter durchführen zu können.
Denn solange Sparer, aber auch Finanzinstitutionen die Möglichkeit haben, Geld in Form von Barem im Safe oder der Schreibtischlade zu verwahren, ist es nicht so einfach, Negativzinsen auf Einlagen durchzusetzen, wie das die EZB schon jetzt gegenüber den Banken handhabt. Doch je unpraktischer es wird, große Bargeldbeträge physisch aufzubewahren, um so weniger können die unseligen Geldbesitzer den Negativzinsen entkommen. Die „finanzielle Repression“, wie das in Fachkreisen heißt, beißt dann noch unerbittlicher zu.
Dazu kommt, dass ein Verbot größerer Scheine auch ein Schritt in Richtung auf Abschaffung oder zumindest weitgehendes Zurückdrängen jeglicher Arten von Bargeld geht. Dieses gilt ja den meisten Regierungen Europas mittlerweile als eine Art Widerstandsnest im Kampf um die so dringend notwendige totale und allumfassende Kontrolle des Bürgers, um ihn endlich umfassend und alternativlos vor sich selbst, seinen gesellschaftlich unerwünschten Verhaltensformen beschützen zu können. Natürlich zu seinem Besten.
Der 500-Euro-Schein wird, wenn er demnächst abgeschafft werden wird, kaum jemandem abgehen. Die Freiheiten, die in der Folge sukzessive verloren gehen werden, hingegen schon, und nicht nur dem Wiener Bürgermeister.


Dienstag, 16. Februar 2016

Immer mehr Anzeigen gegen Ärzte

Zum neunten Mal trafen Ende Jänner die Experten des ARGE MED-Netzwerkes zusammen, um gesetzliche Änderungen im Strafrecht für Ärzte, Veränderungen bei den Schadenersatzforderungen gegen Mediziner und die jeweiligen Auswirkungen auf den Berufsstand zu diskutieren. Insgesamt wurde analysiert, dass die letzten Jahre einen massiven Anstieg der strafrechtlichen Anzeigen gegen Ärzte gebracht haben. Die Experten beobachten dabei ein nie zuvor gesehenes Anzeigeverhalten, um Schadenersatzforderungen durchzusetzen. Klagen sind inzwischen ständiges Berufsrisiko. Betroffen sind zunehmend nicht nur freiberuflich tätige Ärzte, sondern besonders auch Spitalsärzte.
"Strafrecht ist die neue Haftpflicht", so Mag. Marcel Mittendorfer, Obmann der ARGE MED. Obwohl zum allergrößten Teil sehr ordentlich gearbeitet würde und erfolgreiche Klagen wegen Kunstfehlern selten sind, ergibt sich daraus für Ärzte noch kein 100%iger Schutz vor Patientenklagen. Aufgrund der neuen Anzeigepraxis sei neben der gesetzlich vorgeschriebenen Arzthaftpflichtversicherung ein spezieller beruflicher Strafrechtsschutz für Ärzte und Zahnärzte unverzichtbar, so die Experten. Denn die Kosten von strafrechtlichen Ermittlungen können rasch unangenehme bis untragbare Dimensionen annehmen. Zudem ist auch die rasche und professionelle Reaktionsmöglichkeit durch spezialisierte Anwälte - bis hin zur Medienarbeit und Aktivmaßnahmen gegen verleumderische Aussagen und Postings - entscheidend, um einer medialen "Vorverurteilung" vorzubeugen. "Wir raten Ärzten oder Zahnärzten dringend neben der Haftpflicht- auch zu einer Strafrechtsschutzversicherung, weil Anzeigen ebenso wie Klagen inzwischen typisches Berufsrisiko sind", so Mittendorfer.
Gefährliche Situation für angestellte Ärzte
Angestellte Ärzte wiegen sich oft in trügerischer Sicherheit, dass ihr Dienstgeber im Schadenfall immer für sie einstehen würde. Das ist aufgrund des Dienstnehmer-Haftpflichtgesetzes (DHG) schon bei Geldforderungen in dieser Form nicht richtig. Für Spitalsärzte ist zudem eine strafrechtliche Absicherung allenfalls sogar wichtiger als der eigene Haftpflichtschutz, da die strafrechtliche Haftung immer persönlich wirkt.
Dass eigene Strafverteidigungskosten vom Arbeitgeber übernommen würden, entspricht in keiner Weise der beobachteten Praxis. Aber auch der klassische Haftpflichtschutz gegen finanzielle Schadenersatzforderungen von Patienten sollte nicht vernachlässigt werden, auch wenn hier ein gewisser Schutz durch das Krankenhaus als Arbeitgeber besteht. Die Schadenssummen können inzwischen enorme Höhen erreichen und der Krankenhausträger ist in diesem Zusammenhang kein natürlicher Verbündete, sondern in manchen Situationen oft sogar ein zweiter Gegner. So errechnet sich die bisher höchste gegen einen rein angestellt tätigen Arzt gerichtete Haftpflichtforderung (angestellter Anästhesist) auf eine Schadenssumme von inzwischen fast acht Millionen Euro. Das Verfahren läuft noch.
Für die ARGE MED-Spezialisten gehören daher Absicherungen im Haftpflichtbereich bis zu zehn Millionen Euro inzwischen zum Standard. "Wir raten dringend, sich als Arzt gegen diese Berufsrisiken gut abzusichern. Die Kosten sind in Europa einzigartig niedrig. Ein potentiell existentielles Risiko selbst zu tragen ist wirtschaftlich nicht vernünftig."
Strafrechtsnovelle für Ärzte
Von der per 1.1.2016 in Kraft getretenen Strafrechtsreform wurde in den Medien vor allem hinsichtlich der Neuerungen beim Untreue-Tatbestand berichtet. Überschattet von diesen Wirtschaftskriminalitäts-Themen wurde jedoch - kaum beachtet - auch das Strafrecht für Angehörige von medizinischen Berufen grundlegend erneuert.
Die Strafrechtsnovelle brachte hier eine Erleichterung: leichte Fahrlässigkeit soll neu für Angehörige von Gesundheitsberufen - somit auch für Ärzte und Zahnärzte! - nicht mehr unter Strafandrohung stehen. Entsprechende Paragraphen wurden im Strafgesetzbuch geändert. Auf den § 84 StGB "Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen" setzen die neuen Bestimmungen jedoch eine neue Betonung, was für Ärzte unangenehme Auswirkungen haben kann, da dieser Tatbestand bisher für sich praktisch nie verfolgt wurde. Da es sich dabei um einen schwerwiegenden "Verbrechens"-Tatbestand handelt, trübt diese neue Betonung die insgesamt für den Ärzte-Berufsstand positive Gesetzesnovelle.
Auswirkungen der Novelle
Um die Auswirkungen der Strafrechtsnovelle für die Ärzte absehen zu können, muss eine Analyse der bisherigen strafrechtlichen Verfolgungs- und Anklagepraxis erfolgen. Hier hat die ARGE MED mit ihrer österreichweiten sachverständigen Tätigkeit einzigartiges Datenmaterial ausgewertet.
Ergebnis: Das strafrechtliche Spitzenrisiko hinsichtlich einer Anklage liegt bei den Beihilfetatbeständen zum Selbstmord, sowie beim Kassenbetrug, jeweils mit einem Strafrahmen von mehr als drei Jahren (Definition als "Verbrechen"). Hinsichtlich "Gerechtigkeit" wird diese neue Regelung wohl zweifelsohne in der Ärzteschaft als fairer wahrgenommen werden.
Hinsichtlich der Anzeigehäufigkeit werden nach Einschätzung der Experten die Auswirkungen eher gering sein. Wenn bisher eine Anzeige wegen (leicht fahrlässiger) Körperverletzung zu Ermittlungshandlungen geführt hat, wird zukünftig voraussichtlich eben wegen grober Fahrlässigkeit angezeigt.
Aus heutiger Sicht noch nicht absehbar ist die Handhabung durch die Krankenanstalten hinsichtlich Selbstanzeigen, so die Experten. Aber auch hier wird aus betrieblicher Vorsicht wohl im Zweifel weiterhin eine Untersuchung durch die Behörden veranlasst werden, wenn es zum Beispiel zum Todesfall am Operationstisch ("mors in tabula") oder ähnlichen schweren klinischen Vorfällen kommt.
Neu: Ehrenamtliche ärztliche Tätigkeiten prämienfrei versicherbar
Der ARGE MED-Kongress sorgte aber auch für eine sehr positive Nachricht für die vielen Ärzte und Zahnärzte, die im ehrenamtlichen Einsatz stehen. Diese Tätigkeiten könnten mit einer neuen Sonderregelung, die die ARGE MED mit einem Versicherer erreichen konnte, ohne Prämie mitversichert werden. Eine solche Regelung ist am Markt einzigartig. "Vereinzelt haben Anbieter im Vorjahr eine Erweiterung 'nur für die Flüchtlingsarbeit' propagiert, was aber an der viel breiteren Realität ärztlicher Ehrenamtlichkeit vorbeigeht. Ich bin froh, dass wir hier eine Komplettregelung für alle in Österreich ausgeübten ehrenamtlichen ärztlichen Tätigkeiten verwirklichen konnten", so Mittendorfer abschließend.
Informationen zur ARGE MED
Die ARGE MED ist ein fachübergreifendes Spezialisten-Netzwerk für die professionelle Beratung und Dienstleistung an Ärzten und Zahnärzten in Österreich. In enger Zusammenarbeit von spezialisierten Experten, insbesondere Steuerberatern, unabhängige Versicherungsmaklern und Rechtsanwälten, werden für den jeweiligen Klienten individuell die besten Lösungen am Markt ermittelt, und wo diese fehlen, eigene Spezialprodukte mit den führenden Versicherungsunternehmen entwickelt. Aufgrund der gewachsenen Komplexität und Anforderungen an den Arzt- und Zahnarztberuf können qualitativ hochwertige Ergebnisse und umfassende Risikoabsicherungen ohne spezialisierte Dienstleister nicht mehr gewährleistet werden. Die ARGE MED verknüpft und verstärkt daher die Effekte durch die Vernetzung dieser hochspezialisierten Dienstleister für Ärzte. Bereits zum neunten Mal fand heuer von 22. bis 24.1. 2016 der ARGE MED-Kongress, eine mehrtätige Tagung mit zahlreichen Experten-Diskussionen im Plenum, Workshops und Seminaren statt.
Rückfragehinweis:
Mag. Marcel Mittendorfer
Obmann ARGE MED / ARGE MedConsult

Mittwoch, 3. Februar 2016

Bankomatgebühren: Was steckt hinter dem „Warnhinweis“?

Die Bawag PSK „warnt“ vor möglichen Bankomatspesen bei Drittanbietern. Was bedeutet das rechtlich? Und muss man es als Kunde hinnehmen?

Um den „Warnhinweis“, den die Bawag PSK in ihre „Kundenrichtlinien für Kontokarten, die Kontaktlos-Funktion und das Quick-Service“ aufgenommen hat, hat es einige Aufregung gegeben: „Gewarnt“ wird vor der Möglichkeit, dass Betreiber von Geldautomaten, mit denen die Bawag PSK keinen diesbezüglichen Vertrag abgeschlossen hat, für Bargeldbehebungen beim Bankomaten ein gesondertes Entgelt verrechnen können. Das hat die Diskussion befeuert, ob Bankomatbehebungen womöglich bald kostenpflichtig werden.

Wir werden ausgenommen wie die Weihnachtsgänse!

Etwa in Deutschland gibt es das längst: Wenn man einen Geldautomaten bei einer Bank benützt, die nicht zum selben Verbund gehört wie das Institut, bei dem man sein Konto hat, zahlt man Spesen. Und zwar entweder an die Fremdbank als Betreiberin des Geldautomaten – oder aber, wenn diese selbst keine Gebühr verrechnet, an die eigene Hausbank.
Laut Martin Korntheuer, Referent für Finanzdienstleistungen bei der AK Wien, gibt es aber auch noch eine andere Art von Gebühr, die anfallen kann. Und zwar bei Automaten, die von Drittanbietern betrieben werden. Diese stehen dann nicht im Foyer einer Bank, sondern meist auf stark frequentierten Plätzen, etwa Bahnhöfen. In diesem Fall sind es die Drittanbieter, die Spesen einheben.
 

Teure Drittanbieter

Nun gilt innerhalb der EU an sich der Grundsatz, dass die Kosten bei Geldbehebungen in anderen EU-Ländern nicht höher sein dürfen als das, was man im Inland bei Geldautomaten von Fremdbanken zahlt. Und weil in Österreich meist keine Gebühren für solche Behebungen anfallen, heißt das für das Gros der heimischen Bankkunden, dass sie auch im EU-Ausland nicht mit Spesen belastet werden dürfen. Vor allem bei Automaten von Drittanbietern könne es aber trotzdem passieren, dass auch Österreichern Gebühren verrechnet werden, sagt Korntheuer. Was bislang immer wieder dazu geführt habe, dass die eigene Hausbank betroffenen Kunden die bei Drittanbietern bezahlten Spesen „zähneknirschend vergütet hat“.
Das Zähneknirschen der heimischen Institute ist gut nachvollziehbar, denn sie haben von dem, was sie ihren Kunden da vergüten, selbst keinen Cent bekommen. Das gibt jedoch „Warnhinweisen“ wie jenem der Bawag PSK eine konkrete rechtliche Bedeutung – und zwar als Absicherung gegen derartige Refundierungsbegehren (die sich häufen könnten, sollten irgendwann auch im Inland Drittanbieter aktiv werden). Das hätte dann gar nichts damit zu tun, ob tatsächlich auch die Banken selbst Behebungsgebühren einführen wollen oder nicht.
Wie ein solcher „Warnhinweis“ in Kundenrichtlinien von den Gerichten beurteilt würde, sei freilich völlig offen, sagt Korntheurer. Muss man aber als Kunde eine solche Änderung hinnehmen? Die Kundenrichtlinien seien als Ergänzung zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen zu sehen, sagt Korntheuer. Von einer Änderung muss man mindestens zwei Monate vor Inkrafttreten verständigt werden und kann dagegen ebenfalls innerhalb von zwei Monaten Widerspruch einlegen. Macht man das, wird die abgeänderte Klausel nicht wirksam. Die Bank wird dann aber den betreffenden Vertrag (z. B. den Kartenvertrag) wohl aufkündigen. Kosten- und fristlos kündigen kann man in dieser Situation auch als Kunde.
Nun gibt es seit Oktober in den Bawag-„Kundenrichtlinien“ zur Bankomatkarte, zu der auch die easy-Bank gehört, den Hinweis, dass die Behebung an Bankomaten, „mit deren Betreiber die Bawag einen diesbezüglichen Vertrag abgeschlossen hat“, gratis ist, berichet „orf.at“. Weiter heißt es: „Betreiber von Geldautomaten (‚Dritte‘), mit welchen die Bawag keinen diesbezüglichen Vertrag abgeschlossen hat, können die Durchführung von Kartentransaktionen, insbesondere Bargeldbehebungen, an Geldautomaten gegen Verrechnung eines gesonderten Entgelts anbieten“. In solchen Fällen werde der Kunde am Bankomatbildschirm darüber informiert werde und er müsse vor der Transaktion den Bedingungen zustimmen.

Kunde müsste zahlen

Keinen Zweifel lässt der Hinweis aber daran, dass das Entgelt der Kunde selbst zu tragen habe. Der gleiche Passus fand auch Eingang in die „Besonderen Bedingungen für easy karte“ der easybank, die ab März gelten sollen.
Bei anderen österreichischen Banken fehlen aktuell solche Hinweise in den Richtlinien und AGBs.
Bei der Bawag kalmiert man auf Nachfrage von „orf.at“. Der Warnhinweis der Bawag solle nur dafür „sensibilisieren“, dass eine Kostenüberwälzung an die Kunden möglich sei. Die Warnung sei darüber hinaus - weil eben nur Hinweis - nicht Bestandteil der Kundenrichtlinien.

Eigener Vertrag oder Erfüllungsgehilfe?

Konsumentenschützerin Gabriele Zgubic von der Arbeiterkammer (AK) stößt sich an den Ausführungen, wonach die Bank mit „Dritten“ einen oder keinen Vertrag schließe. Das sei „nicht ganz schlüssig“, da für den Kunden nicht hervorgehe um welche Geräte es sich dabei handle, so Zgubic. Sie zweifelt ganz grundsätzlich, dass eine Bank ihren Kunden „so einfach“ mögliche Gebühren umhängen könne.
Für die Konsumentenschützerin geht es auch um die Frage, ob ein Kunde bei der Behebung mit dem Betreiber einen eigenen Vertrag abschließt oder solche Anbieter nur „Erfüllungsgehilfen“ der Bank sind. Für Zgubic ist nach österreichischem Recht Letzteres der Fall.
Österreichische Bankkunden können sich bislang auf die Verordnung der Union - konkret die Verordnung Nr. 924/2009 – berufen, nach der Gebühren für Behebungen im EU-Ausland nur so hoch sein dürfen wie Inlandsbehebungen an institutsfremden Geldautomaten. Und diese liegen derzeit bei Null. Aber sollte sich das ändern und den heimischen Bankkunden gebühren für Abhebungen abverlangt werden, gehören auch die Gratisbehebungen in der Euro-Zone der Vergangenheit an.




("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2016)